Dienstag, 14. Oktober 2014

[Rezension] Untreue - Paulo Coelho

"Untreue" war nach "Veronika beschließt zu sterben" und "Der Alchimist" das dritte Buch von Paulo Coelho, das ich gelesen habe und ich muss sagen, es war merkwürdig. Es war, als ob dieses Buch von einem völlig anderen Autoren stammt, im Hinblick auf den Schreibstil, das Setting und die Charaktere.
Hier muss ich aber auch anmerken, dass ich "Veronika beschließt zu sterben" vor etwa einem Jahr gelesen habe, es ist also schon etwas verschwommen in meiner Erinnerung.
Den "Alchimist" habe ich direkt vor "Untreue" gelesen und war enttäuscht, weshalb ich mich fast dazu entschlossen hätte, mit diesem hier zu warten.
Aber ich bin froh, dass ich es nicht getan habe, denn ich fand es um einiges besser als den Favoriten vieler Coelho-Leser.

In "Untreue" geht es um Linda, die eigentlich ein perfektes Leben führt. Sie hat einen liebevollen Ehemann, zwei Kinder, die sie über alles liebt und einen tollen Job. Aber trotz allem ist sie nicht glücklich. Und so geht sie auf die Suche. Nach dem Glück und auch nach sich selbst und hält sich dabei nicht immer an die von der Gesellschaft aufgestellten Spielregeln.

Als ich den Titel gelesen habe, habe ich sofort meine Schlüsse gezogen und gedacht, es wäre eine Geschichte über eine Affäre. Aber tatsächlich steckt hier noch so viel mehr drin, als der Name vermuten lässt und ich habe den Eindruck, das hier ist eines von diesen Büchern, das für jeden etwas anderes bedeutet. Für mich geht es hier um die Kunst, das Leben zu lieben und dass es gar nicht immer wichtig ist, was man tut, sondern dass das, was man tut, aus Liebe geschieht.

Die Protagonistin Linda war auf dieser Entdeckungsreise ein sehr angenehmer Charakter. Sie hat ihre Situation mit einer Distanz betrachtet und reflektiert, die schon fast unnatürlich wirkte, so genial hat sie sich selbst analysiert. Sie war nicht naiv und hat auch nicht die Augen verschlossen vor ihren Fehlern.
Das ist auch der Unterschied zu den anderen Büchern Coelhos: Linda fühlte sich nicht so fremd und unnahbar an wie die bisherigen Protagonisten. Ich hatte das Gefühl, ich hätte Zugang zu ihren Emotionen und konnte sie nachfühlen.
Ihr Mann aber ist bis zum Ende seltsam blass und auch die Kinder sind eher eine Randerscheinung. Das macht deutlich, was hier wichtig ist: Linda und ihre Psyche. Der Ehemann tritt erst auf den letzten 50 Seiten als starker Charakter auf, gerät aber sehr bald wieder in den Hintergrund.
Das Ende selbst hat mich sehr berührt und ich hatte ein Lächeln im Gesicht, als ich das Buch dann weggelegt habe.

Ich bin sehr gespannt, was als Nächstes von Coelho kommt, denn dieser Roman weicht doch sehr von seinem üblichen Schema ab, was mir aber sehr gut gefallen hat. Geht es eher in die Richtung des "Alchimisten", werde ich es wahrscheinlich nicht lesen.

Alles an allem also eine sehr angenehme Überraschung und ein in jedem Fall lesenswertes Buch.

Rating:

 


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